Bitte einmal das Kleingedruckte lesen
Was steckt eigentlich in so einer schönen 1lt Packung Fruchtsaft, ist es überhaupt Fruchtsaft oder doch nur ein Fruchtsaftgetränk oder ist es vielleicht auch ein Nektar – eh positiv weil Nektar und Bienen – alles gut. Aus dem Fruchtsaftregal strahlen die bunten Packungen und laden zum Kauf ein mit Argumenten wie „Kein Zucker zugesetzt“, „Hoher Vitamin C Gehalt“, „100% Orange“, „deckt den Tagesbedarf an…“ etc. Vorweg, alle Aussagen sind korrekt, nur ist es dennoch notwendig einen Blick auf die Rückseite der Verpackung zu werfen und im kleingedruckten Bereich anhand der Inhaltsstoffe herauszufinden, was eigentlich in der Packung steckt. Hier finden sich dann die Inhalte wie beispielhaft für die Sorte Orange hier aufgezählt.
- 100% Orangensaft aus Orangensaftkonzentrat
- Orange-Fruchtsaftgetränk: Fruchtgehalt 65%: Orangensaftkonzentrat 65%, Wasser, natürliche Aromen
- Orangennektar aus Orangensaftkonzentrat: Fruchtgehalt mind. 50%: Orangensaftkonzentrat, Wasser, Zucker, Säuerungsmittel: Citronensäure
- 100% Direktgepresster Orangensaft
Mit Ausnahme des Direktsaftproduktes, das auf der Frontseite klar und deutlich das Wort „Direktsaft“ auslobt und übrigens auch der Orangennektar, der ja davon ausgeht dass die Konsumenten Nektar als positiver bewerten als ein Produkt mit der Bezeichnung Konzentrat (wenn natürlich Konzentrat auch hier in der Packung steckt) ist bei keinem Produkt auf der Frontseite zu erkennen was denn nun eigentlich der Inhalt der Packung ist. Aus unzähligen Gesprächen auf Messen und Veranstaltungen kann ich mit Sicherheit sagen, dass nur eine Minderheit der Bevölkerung wirklich versteht, was in der Packung steckt. Woher auch, es werden ja Bilder in der Werbung kommuniziert, die eben nur einen Teil der Wahrheit widerspiegeln. Aber fangen wir hier einmal von vorne an und sehen uns die unterschiedlichen Produkte im Detail an.

In der Fruchtsaftverordnung (hier in der österreichischen Version) werden die Deklarationen und Inhalte der Fruchtsaftprodukte und einiger gleichartiger Erzeugnisse vorgegeben und sind für alle Inverkehrbringer bindend. Leider besteht allerdings derzeit keine Verordnung, dass der genau beschriebene Inhalt der Produkte auf der Frontseite gut sichtbar anzuführen ist. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Konsumenten mündig sind, die Zeit haben die Inhalte in der kleingedruckten Deklaration zu lesen und auch entsprechend verstehen. Hier sind wir dann wieder beim Thema NEKTAR, welches landläufig falsch verstanden wird. Der deutsche Fruchtsaftverband führt aus unserer Sicht eine sehr offene und konsumentenfreundliche Homepage, welche wir euch gerne weiterempfehlen. Hier wird auch anschaulich beschrieben welche Fruchtanteile in den unterschiedlichen Produkten stecken und Nektar eben neben einem vorgegebenen Mindestfruchtanteil auch den Zusatz von Zucker erlaubt.
100% Fruchtsaft enthält niemals zugesetzten Zucker
Wenn sich auf einer Packung das Wort Fruchtsaft, Orangensaft, Apfelsaft oder 100 % Orange oder 100 % Apfel befindet darf niemals Zucker zugesetzt werden! Dabei ist es egal ob der Fruchtsaft ein Direktsaft oder ein Fruchtsaft aus Fruchtsaftkonzentrat ist. Der Unterschied von Direktsaft und Fruchtsaft aus Fruchtsaftkonzentrat liegt rein in der Produktionsmethode, nicht aber im Ergebnis das jeweils zu 100 % aus Fruchtsaft und Fruchtfleisch der entsprechenden Frucht stammt. Es würde in diesem Blogbeitrag zu weit führen alle Produktionsarten für Fruchtsaft im Detail zu beschreiben, den größten Anteil am Fruchtsaftmarkt hat jedenfalls Fruchtsaft aus Fruchtsaftkonzentrat und das macht auch absolut Sinn, da die Fruchtsaftkonzentrate bereits im Ursprungsland hergestellt werden und somit der Transport deutlich ökologischer und auch ökonomischer erfolgen kann als bei Direktsaft. Besonders für den beliebten Orangensaft, der überwiegend aus Ursprungsländern in Süd- und Mittelamerika stammt ist das Thema Transportvolumen essenziell.
Der Rekonstruktionsprozess: Fruchtsaftkonzentrat + Wasser wird 100% Fruchtsaft
Nachdem das Fruchtsaftkonzentrat bei den großen Fruchtsaftherstellern eingetroffen ist geht es um die Füllung in Getränkeverbundkarton, Glasflaschen oder PET Flaschen. Bei der Füllung wird das Fruchtsaftkonzentrat wieder zu Saft rekonstruiert. Das bedeutet es wird wieder mit Wasser rückverdünnt mit dem Ergebnis eines 100% Fruchtsaftproduktes. Der Anteil des Wassers in einer Fruchtsaftpackung macht rund 80% und mehr aus, es wird also Wasser verpackt, transportiert und nach Hause geschleppt um Fruchtsaft zu genießen. Diesen Hinweis finden wir auf keiner einzigen Verpackung, in keiner Werbeaussage und in keinen uns gezeigten Bildern. Ich bin Jahrgang 1971 und in meiner Kindheit mit Sirupen aufgewachsen – ein Fruchtsaftprodukt war etwas besonderes für Feiertage oder bei Besuchen von Gästen. Wir durften dann Fruchtsaft direkt aus der Packung genießen, ein richtig kleiner Luxus. Später wurde Fruchtsaft zum Gewohnheitsprodukt und all die Jahre habe ich nie hinterfragt, was eigentlich in der Packung steckt, denn es ist Fruchtsaft, eh klar. Erst als ein kleines Päckchen aus Schweden auf meinem Schreibtisch stand, habe ich erstmals die Erkenntnis gehabt – es geht eigentlich auch anders, Fruchtsaft lässt sich auch selber mischen, genauso wie Sirup mit dem Ergebnis 100% Fruchtsaft OHNE ZUCKERZUSATZ!
100% Fruchtsaft lässt sich auch selber mischen wenn es das Basisprodukt Fruchtsaftkonzentrat zu kaufen gibt
In Österreich, aber auch in vielen anderen europäischen Ländern gab es aber keine Möglichkeit Fruchtsaftkonzentrat in kleinen Packungen zu kaufen. Die Fruchtsaftindustrie hat keinerlei solcher Produkte angeboten und heute weiß ich auch warum. Es ist die größte Herausforderung Gewohnheiten zu ändern und warum sollte man das tun, wenn doch die großen Packungen eine bessere Sichtbarkeit der Produkte im Regal ermöglichen und wenn man auch besser verstecken kann, dass es Fruchtsäfte aus Konzentraten sind und nichts anderes. Das mit dieser Einstellung nicht nur der Rücken der Konsumenten beim Schleppen belastet wird, sondern vor allem ein großer Schaden unserem Planeten entsteht findet keinerlei Beachtung.
In der EU konsumieren wir rund 8 Mrd. Liter Fruchtsaft, davon rund 5 Mrd Liter Fruchtsaft aus Konzentraten. Rund 65% aller EU Bürger gibt an Wasser aus der Leitung zu trinken, sie haben also die Möglichkeit auch Fruchtsaft selber zu mischen, in Summe könnten also rund 3,35 Mrd. Liter Fruchtsaft selbst gemischt werden. Würden uns alle großen Fruchtsaftanbieter die Möglichkeit geben das Fruchtsaftkonzentrat zum Selbermischen zu kaufen könnten rund 85.000 Tonnen Müll jährlich eingespart werden und rund 127.000 LKW Züge jährlich am Parkplatz stehen bleiben.
Für Martina und mich waren alle diese Facts Grund genug die Green-Bag Getränke GmbH ins Leben zu rufen und damit zu beginnen den Fruchtsaftmarkt schrittweise zu verändern. Ob es uns gelingt mit unserer Initiative, mit unseren Schritten und unserem Handeln auch bei den großen Herstellern ein Umdenken zu bewirken können wir heute noch nicht sagen, aber wir kämpfen dafür, dass es Transparenz und Offenheit gibt, dass jeder Konsument auf einen Blick erkennt was er kauft und frei entscheiden kann welches Produkt er kaufen möchte. Egal ob es dann die Entscheidung für ein Produkt Direktsaft, ein fertig rekonstruierter Saft auf Fruchtsaftkonzentrat oder eben ein Fruchtsaftkonzentrat zum Selbermischen ist.